Professor Winner zu Gast an der HNG

Am 09.07.2021 durfte die Heinrich-Nordhoff-Gesamtschule in Wolfsburg den renommierten Künstler Professor Gerd Winner willkommen heißen. Dieser entwarf zu Gründungszeiten der Schule eine großformatige Skulptur für das C-Haus, deren künstlerische Bedeutung im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit geriet. Im Zuge der Sanierung des C-Hauses wurde die Skulptur eingelagert, danach saniert und seit dem vergangenen Jahr an neuer Stelle im Haus D präsentiert

Der Kunst-Leistungskurs des 12. Jahrgangs beschäftige sich derzeit passenderweise mit der abstrakten Malerei und Raumkonstruktionen, setze sich somit mit dem Kunstwerk auseinander und beschloss kurzerhand den Künstler in den Unterricht einzuladen. Obwohl dieser seine Werke grundsätzlich nicht erkläre, erzählte er den Schüler*innen die Entstehungsgeschichte und legte ihnen die Wirkungsabsichten nahe. Ursprünglich war die Skulptur für einen anderen Platz geschaffen worden, weshalb der neue Standort andere Voraussetzungen mit sich brachte. Um das Werk jedoch trotz alledem für die Schüler*innen zugänglich zu machen, konnten sich der Künstler und die Schule auf einen Kompromiss bei der Auswahl des Präsentationsortes einigen.

Laut Winner bestehe die Skulptur aus verschiedenen, roten und blauen Energiefeldern, welche ziehharmonikaähnlich teilweise in den Hintergrund wirken oder hervorstehen. Die blauen Felder stünden hierbei für die Tiefe des Universums, während das Rot bedrohlich das Feuer widerspiegele. Je nachdem, von welcher Seite man auf das Kunstwerk blicke, wirke es zudem völlig verschieden: Mal sind ausschließlich die blauen Felder, mal die roten zu sehen. Lediglich das Zentrum des Werks verlöre durch die nicht vorhandene Raumtiefe des neuen Standortes ihre einstige Wirkung.

Doch nicht nur dieses eine Werk war Thema von Professor Winners Besuch. Auch legte er seinen Werdegang dar, erzählte von seinen Anfängen – wie er selbst als Schüler zur Kunst fand – bis hin zu seinem Dasein als Professor an der Hochschule für Bildende Künste in München und inspirierte die Schüler*innen mit seinen Worten.

Anders als im Unterricht sei die Theorie laut Winner für das künstlerische Schaffen eher nebensächlich. Denn auch als Kunstschaffender selbst wüsste man nicht alles schon im Voraus. Relevant sei es, über den Zugang zu einem Bild hinauszukommen und etwas aus der Kunst mitzunehmen. Anders als im Schulunterricht komme es weniger darauf an, ganz genau zu wissen, was man tue oder einem Muster früherer Werke zu folgen. „Kunst kommt aus dem Tun, nicht aus Kunst die vorher schon da war“, erwähnt der Professor hier. Worauf Winner besonders den Fokus legt, ist, dass in der Kunst keine klaren Linien von a nach b führen. Viel mehr gelange man während des Prozesses auch nach c oder d. Die Emotionalität, die in vielen Werken stecke und vor allem zu Beginn entstünde, sei demnach primär.

Was Professor Winner den Schüler*innen hier besonders nahelegt, ist die Normalität des Zweifelns. Er selbst spricht von einem permanenten Zweifeln, das ihn seit jeher begleite. Zu keinem Zeitpunkt hätte man die Sicherheit, dass das, was man tut, richtig sei. Oft bekämen wir das Gefühl, dass Kunst eine vollendete, von vorn bis hinten durchdachte Ausdrucksform sei, jedoch stecke in ihr häufig viel mehr, als wir zuerst sehen oder zu sehen glauben. Was die Kunst erst wirklich spannend mache sei vielleicht das Scheitern, seien die Zweifel, die aufkommen, und die Kompromisse, die man manchmal eingehen müsse. Auch, wenn die Skulptur von Professor Winner ursprünglich anders wirken sollte, ermöglicht der neue Standort vielleicht eine völlig neue Perspektive. Genau diese Dinge können es also sein, die den Zugang zur Kunst für alle ebnen. Auf einer Infotafel sollen zukünftig Informationen zum Werk und zum Künstler selbst für alle zugänglich gemacht werden. Bisher war den Schüler*innen kaum bewusst, dass es sich hierbei um ein Kunstwerk eines international erfolgreichen Künstlers handele.

Text/Fotos: S. Meier